
Schweizer Unternehmen bleiben dem Warenkredit treu: Laut dem aktuellen Atradius Zahlungsbarometer wickeln sie durchschnittlich 51% ihrer B2B-Verkäufe auf Kreditbasis ab – ein klares Signal für das anhaltende Vertrauen in diese Finanzierungsform. „Der hohe Anteil kreditbasierter B2B-Verkäufe zeigt, dass der Warenkredit weiterhin das Rückgrat des Schweizer Geschäftsverkehrs bildet“, sagt Mathias Freudenreich, Country Manager Schweiz des internationalen Kreditversicherers Atradius. Die Zahlungsziele liegen zwischen 30 und 60 Tagen nach Rechnungsstellung. Anpassungen erfolgen eher in Form verlängerter Zahlungsfristen, was auf den Wunsch hinweist, Kundenbeziehungen zu erhalten und den Handel aufrechtzuerhalten – auch auf Kosten eines schnellen Cashflows.
Zahlungsverzögerungen bleiben nach den Worten von Mathias Freudenreich eine Realität, gelten aber zunehmend als „strukturelles Phänomen statt als Krisensymptom“. Rund drei von fünf Unternehmen sehen keine Veränderung im Zahlungsverhalten ihrer Kunden im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig werden knapp die Hälfte aller B2B-Rechnungen verspätet beglichen, im Durchschnitt müssen 5% der Forderungen vollständig abgeschrieben werden. Ursachen hierfür sind meist interne Cashflow-Probleme der Kunden oder Verzögerungen in der Lieferkette. Der „Days Sales Outstanding (DSO)“ - Wert bleibt volatil, zeigt aber keine spürbare Verbesserung – ein Hindernis für die Liquiditätsgenerierung. Hinzu kommt eine stagnierende Lagerrotation, die Kapital bindet und finanzielle Spielräume einschränkt. Zudem ist die öffentliche Hand verpflichtet, Unternehmen in den Konkurs zu schicken, wenn diese ihre Schulden nicht begleichen. Dies aufgrund einer neuen Regelung im Konkursrecht seit Beginn des Jahres. Die Vorschrift betrifft sämtliche im Handelsregister eingetragene Firmen. Die Folge: Eine Zunahme von Zahlungsausfällen durch Insolvenzen gemäss SRF. Also, wie schützen sich Schweizer Unternehmen?
Zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen greifen Unternehmen zunehmend auf Lieferantenkredite oder Rechnungsfinanzierung zurück – kurzfristig entlastend, langfristig jedoch mit möglichen Einschränkungen bei der finanziellen Flexibilität verbunden. „Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Liquidität zu sichern, ohne die Geschäftsbeziehungen zu gefährden – ein Drahtseilakt, der strategisches Denken verlangt“, urteilt Mathias Freudenreich. Beim Management von Zahlungsrisiken setzen Schweizer Unternehmen auf einen hybriden Ansatz: Interne Rückstellungen bleiben zentral, ergänzt durch ausgelagertes Kreditmanagement, um Prozesse zu optimieren und regulatorischen Anforderungen zu entsprechen. Der Balanceakt zwischen Kundennähe und Liquiditätssicherung bleibt herausfordernd – gerade angesichts der wachsenden Abhängigkeit von externer Finanzierung.
Unterschiedliche Strategien in Schweizer Schlüsselindustrien
Mit 52% Kreditanteil bei B2B-Umsätzen setzt die Chemiebranche stark auf Kundenbindung. Gleichzeitig liegt der Anteil überfälliger Rechnungen mit 51% hoch, 6% gelten als uneinbringlich. Unternehmen berichten von stabilen DSO-Werten, während das Kapital durch stagnierende Lager gebunden bleibt. Lieferantenkredite und interne Rückstellungen dominieren das Liquiditäts- und Risikomanagement. 54% erwarten steigende Insolvenzrisiken, was die Branche zu mehr strategischer Vorsicht zwingt.
Die zunehmende Sorge vor Insolvenzen ist ein Warnsignal – besonders für Branchen mit einem ohnehin hohen Zahlungsausfallrisiko wie dem Maschinenbau.
Die Schweizer Bauunternehmen wickelten in den letzten Monaten 56% ihrer B2B-Verkäufe auf Kredit ab, wobei die meisten Firmen keine Veränderung bei ihren Kreditangeboten meldeten. Unternehmen, die Anpassungen vornahmen, neigten eher dazu, diese auszuweiten als einzuschränken. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Zahlungsbedingungen, die grösstenteils unverändert blieben – einige Unternehmen boten sogar längere Zahlungsfristen an. Obwohl das Zahlungsverhalten der B2B-Kunden stabil blieb, berichteten einige Unternehmen von Anzeichen einer Verschlechterung, was auf anhaltende Herausforderungen bei der Zahlungsmoral hinweist. Das Atradius-Zahlungsbarometer ergab, dass 42% der B2B-Rechnungen überfällig sind und 3% als uneinbringliche Forderungen abgeschrieben werden mussten.
Mit einem Kreditanteil von unter 50% zeigt sich der Schweizer Maschinenbau eher risikobewusst. Dennoch sind 54% der Rechnungen überfällig, 7% uneinbringlich – ein Höchstwert im Branchenvergleich. Viele Unternehmen erkennen die Grenzen ihrer bisherigen Risikostrategien und stellen zunehmend auf strategisches Kreditmanagement um. Mit 72% rechnet die Mehrheit mit steigenden Insolvenzrisiken, was die Branche unter erhöhten Anpassungsdruck setzt. „Die zunehmende Sorge vor Insolvenzen ist ein Warnsignal – besonders für Branchen mit einem ohnehin hohen Zahlungsausfallrisiko wie dem Maschinenbau“, sagt Mathias Freudenreich.
- Zahlungsbarometer: Knapp die Hälfte aller B2B-Rechnungen werden verspätet beglichen
- 55% der befragten Unternehmen erwarten steigende Insolvenzrisiken bei ihren B2B-Kunden